Projekt „Second Life“ – Nachhaltigkeit im Rettungsdienst
Um unseren Geschäftsbetrieb und damit auch den zugehörigen Fuhrpark nachhaltiger zu gestalten versuchen wir, die Nutzungsdauer unserer Fahrzeuge, insbesondere der KTW-Flotte, durch tiefgreifende Generalüberholungen wesentlich zu verlängern. Dafür wurde das Projekt Second Life ins Leben gerufen.
Knapp eine Erdumrundung legt ein Krankentransportwagen (KTW) auf unseren Rettungswachen in einem durchschnittlichen Jahr an Strecke zurück. Trotz ständiger Wartung und Pflege setzen über 40.000 gefahrene Kilometer im Jahr nicht nur Antrieb und Fahrwerk zu, auch der Innenausbau leidet nach dieser Nutzungsdauer unter Verschleiß.
Wir, als DRK Rettungsdienst Bodensee-Oberschwaben, verfolgen bereits seit einigen Jahren das Ziel, unseren Geschäftsbetrieb und damit auch den zugehörigen Fuhrpark nachhaltiger zu gestalten.
Um die Nutzungsdauer unserer Fahrzeuge, insbesondere der KTW-Flotte, zu verlängern, wurden 2021 im Projekt Second Life testweise tiefgreifende Generalüberholungen von mehreren Krankentransportwagen sowie des Baby-Notarztwagens (Baby-NAW) durchgeführt, um diesen so ein „zweites Leben“ zu schenken.
Die Idee wurde bei einem fachlichen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen vom Landesrettungsverein Weißes Kreuz aus Bozen aufgenommen und stammt ursprünglich aus der Flugzeugindustrie. Dort werden in unterschiedlichen Zeitintervallen verschiedene Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen an Flugzeugen durchgeführt, welche auch „Letter-Checks / Buchstaben-Kontrollen“ genannt werden. Die größte und tiefgreifendste Generalüberholung bildet dabei der „D-Check“, welcher in die Welt der Ambulanzfahrzeuge übertragen wurde.
Generalüberholung
In den genannten Fahrzeugen wurden Motor, Getriebe und Verschleißteile des Fahrgestells komplett gegen Neuteile ausgetauscht. Durch Ambulanz Mobile in Schönebeck wurde im Anschluss eine vollumfängliche Revision aller Ausbauteile sowie die nötigen Schönheitsreparaturen durchgeführt. Zusätzlich wurden weitere funktionale und sicherheitsrelevante Einrichtungen wie Rückfahrkameras oder Umfeldbeleuchtungen nachgerüstet, um damit eine deutliche Arbeitserleichterung für zukünftige Einsätze zu garantieren.
Unser Baby-NAW wurde indessen mit einer elektrischen Fahrtrage ausgestattet, um die Arbeitssicherheit für das Personal zu erhöhen und die Beladung des Transportinkubators für die Neugeborenen noch schonender zu gestalten.
Die neu angebrachte Beklebung nach aktuellem DRK-Styleguide wertet unsere Fahrzeuge nicht nur optisch auf, sondern verbessert auch deutlich die Sichtbarkeit im alltäglichen Einsatz.
Lebenszeit verlängern und Ressourcen schonen
Dank dieser Aufwertungs- und Aufbereitungsmaßnahmen kann die Nutzungsdauer unserer Rettungsfahrzeuge enorm verlängert werden. Rechnete man bisher mit einer Fahrzeugnutzung von ca. fünf Jahren, kann diese so nahezu verdoppelt werden. Somit verlängert sich die Zeitspanne bis zu einer notwendigen Neubeschaffung deutlich und das ohne Komfortverlust für unsere PatientInnen und Mitarbeitenden.
Erkenntnisgewinn für Krisenzeiten
Aus der Idee, unseren Arbeitsmitteln ein „zweites Leben“ zu schenken und Ressourcen zu schonen, wurde zugleich auch ein Rettungsanker in der aktuellen Zeit: Beeinträchtigte Liefer- und Handelsketten haben zuletzt großen Einfluss auf die Automobilindustrie genommen, wodurch die Beschaffung von Neufahrzeugen derzeit nicht (zeitnah) möglich ist. Auch massive Preissteigerungen sowie fehlende Preisgarantien erschweren den Einkauf wesentlich und bisher übliche Rabatte sind oftmals nicht mehr möglich.
Obwohl mit dem Projekt zunächst hauptsächlich Umwelt- und Klimaschutzziele verfolgt wurden, konnten wir auch wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln, um unseren Betrieb auch in anhaltenden Krisenzeiten sicherzustellen und weiterhin für die Bevölkerung in unserem Einsatzgebiet da zu sein.